Droit du bail
Description précise des frais accessoires
Les frais accessoires doivent être expressément indiqués dans le contrat de bail. L’énumération des frais possibles dans les conditions générales du contrat ne suffit pas.
État de fait
Pour son appartement de 3,5 pièces, une locataire fribourgeoise s’acquittait d’un loyer mensuel 1500 francs auquel s’ajoutaient 90 francs d’acomptes pour les «frais accessoires». Le contrat renvoyait pour le surplus aux conditions générales. En 2021, elle a fait valoir devant le Tribunal des baux de la Sarine que les frais accessoires n’étaient pas mentionnés précisément dans le contrat de bail. Elle a demandé le remboursement des frais des dix dernières années, soit 27 709 francs. Le tribunal des baux a rejeté sa demande. Le Tribunal cantonal de Fribourg lui a donné raison: un avenant standardisé au contrat de location ne suffit pas. Le contrat doit clairement mentionner les frais accessoires.
Extrait des considérants
7.3.1 Nebenkosten sind das Entgelt für die Leistungen des Vermieters oder eines Dritten, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen (Art. 257a Abs. 1 OR), d.h. tatsächliche Aufwendung des Vermieters für Leistungen, die mit dem Gebrauch der Sache zusammenhängen, wie Heizungs-, Warmwasser- und ähnliche Betriebskosten, sowie für öffentliche Abgaben, die sich aus dem Gebrauch der Sache ergeben (vgl. Art. 257b Abs. 1 OR). Nach Art. 257a Abs. 2 OR haben die Mieter die Nebenkosten nur zu bezahlen, wenn sie dies mit der Vermieterin besonders vereinbart haben.
Die besondere Vereinbarung muss jedenfalls die von den Mietern zu tragenden Nebenkosten im Mietvertrag klar und bestimmt umschreiben. Einzig der Hinweis auf einen standardisierten Vertragszusatz genügt nicht (vgl. BGE 135 III 591 E. 4.3; 121 III 460 E. 2a/aa; Urteil BGer 4A_185/2009 vom 28. Juli 2009 E. 2.1).
7.3.2 Der Mietvertrag vom 1. April 2005 ist bezüglich des monatlichen Mietzinses und der Anzahlung für die Nebenkosten wie folgt abgefasst: «Miete Monatlich Mietzins Fr. 1‘500.- Anzahlung Nebenkosten, Fr. 90.- Art. 10 AM – WOH. & G. Ausg. 2002 Total Fr. 1‘590.-» Weiter unten finden sich folgende weitere Angaben: «Abrechnungsperiode Nebenkosten: 01. Juli – 30. Juni. Die Mietpartei erklärt ein Exemplar folgender Unterlagen erhalten zu haben: - Allgemeine Mietvertragsbestimmungen für Wohnungen und Garagen, Ausgabe 2002. Durch seine Unterschrift akzeptiert der Mieter vorerwähnte Dokumente, die integrierender Bestandteil des Mietvertrages sind.» Welche Nebenkosten geschuldet sind, spezifiziert der Mietvertrag vom 1. April 2005 offensichtlich nicht. Der Hinweis auf die Abrechnungsperiode ändert daran nichts. Dem Mietvertrag lässt sich einzig entnehmen, dass eine monatliche Anzahlung für Nebenkosten von CHF 90.- zu leisten ist und dass auf «Art. 10 AM – WOH. & G. Ausg. 2002» verwiesen wird.
Bei Art. 10 handelt es sich offensichtlich um einen standardisierten, vorgedruckten Vertragszusatz in einem fünfseitigen Dokument, der elf mögliche Arten von Nebenkosten auflistet. Eine Individualisierung für das konkrete Mietverhältnis, etwa durch Streichung nicht zutreffender Nebenkosten, fehlt (vgl. dazu insbesondere die Urteile BGer 4A_622/2015 vom 4. Februar 2016 E. 3.3.1-3.3.3; 4A_185/2009 vom 28. Juli 2009 E. 2.4.3), und die Liste wurde von den Parteien denn auch nicht unterschrieben. Zwar mag es zutreffen, dass die Liste, welche die einzelnen Nebenkosten konkretisiert, einfach auffindbar war; dennoch befand sie sich lediglich in einem vorgedruckten Vertragszusatz.
Mit einer Aufzählung aller erdenklichen Nebenkosten, die in der betroffenen Liegenschaft gar nicht alle anfallen, in den von den Vermieterverbänden herausgegebenen Allgemeinen Mietvertragsbestimmungen wird den gesetzlichen Anforderungen von Art. 257a Abs. 2 OR entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht Genüge getan. Dem Mieter kann nicht zugemutet werden herauszufinden, welche Nebenkosten tatsächlich in seinem Mietverhältnis abgerechnet werden sollen bzw. bleibt es hier für den Mieter unklar, welche der aufgeführten Positionen bei ihm anfallen werden (BIBER, Art. 257-257b OR Rz. 22 mit Hinweisen). Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Nebenkosten im Mietvertrag nicht genügend klar bezeichnet sind. Somit liegt entgegen der Vorinstanz keine besondere Vereinbarung über die Nebenkosten im Sinne von Art. 257a Abs. 2 OR vor und sind diese grundsätzlich nicht geschuldet, sondern im Mietzins inbegriffen.
7.3.3 Die Berufungsbeklagten machen Rechtsmissbrauch geltend, weil die Berufungsklägerin während über 16 Jahren sowohl die monatlichen Anzahlungen für die Nebenkosten als auch die Nachforderungen gemäss den jährlichen Abrechnungen anstandslos bezahlt und gegen letztere nie opponiert habe. Wie oben dargelegt kann aber allein aufgrund der Tatsache, dass die Nebenkosten stets bezahlt wurden, nicht auf Rechtsmissbrauch geschlossen werden. Weitere Gründe, die für Rechtsmissbrauch sprechen würden, machen die Berufungsbeklagten nicht geltend.
7.3.4 Der Bereicherungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem der Verletzte von seinem Anspruch Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber mit Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung des Anspruchs (Art. 67 Abs. 1 OR in der seit 1. Januar 2020 geltenden Fassung, vgl. Art. 49 SchlT ZGB).
7.3.5 Gesamthaft sind der Berufungsklägerin von der Berufungsbeklagten B. AG somit CHF 19‘783.50 zurückzuerstatten. Auf diesem Betrag ist antragsgemäss ab dem 16. Juni 2016 ein Zins von 5 % per annum geschuldet (Bereicherungszins, BGE 143 II 37 E. 5.4 mit Hinweisen).
Arrêt 102 2022 123 du Tribunal cantonal fribourgeois du 7.3.2023
Procédure pénale
Valse des participants à la procédure
Si une personne est interrogée en tant que personne appelée à fournir des renseignements ou en tant que témoin alors qu’il existe déjà des soupçons à son encontre, son audition est inexploitable.
État de fait
Le Ministère public thurgovien a mené des procédures pénales séparées contre plusieurs suspects pour des infractions à la loi sur les stupéfiants, entre autres. Les intéressés ont parfois été interrogés en tant que personnes appelées à fournir des renseignements ou en tant que témoins, bien qu’une procédure à leur encontre soit en cours pour la même affaire. Les procédures ont ensuite été jointes et les prévenus ont été condamnés en première instance. La Cour suprême de Thurgovie a conclu que les auditions étaient inexploitables.
Extrait des considérants
a) aa) Zeugin oder Zeuge ist nach Art. 162 StPO eine an der Begehung einer Straftat nicht beteiligte Person, die der Aufklärung dienende Aussagen machen kann und nicht Auskunftsperson ist.
bb) Als Auskunftsperson wird nach Art. 178 StPO unter anderem einvernommen, wer ohne selber beschuldigt zu sein, als Täterin, Täter, Teilnehmerin oder Teilnehmer der abzuklärenden Straftat oder einer anderen damit zusammenhängenden Straftat nicht ausgeschlossen werden kann.
cc) Als beschuldigte Person gilt nach Art. 111 Abs. 1 StPO die Person, die in einer Strafanzeige, einem Strafantrag oder von einer Strafbehörde in einer Verfahrenshandlung einer Straftat verdächtigt, beschuldigt oder angeklagt wird.
b) aa) Wurde eine Person als Zeuge oder Zeugin einvernommen, sind ihre Aussagen gegen sie als beschuldigte Person nicht verwertbar (Donatsch, Art. 178 StPO N. 17; Moser/El-Hakim, Verwertbarkeit von Einvernahmen eines Zeugen oder einer Auskunftsperson bei einem Rollenwechsel, in: forumpoenale 2018 S. 304; Ruckstuhl, Basler Kommentar, 2.A., Art. 158 StPO N. 4 ), egal ob von Anfang an hätte klar sein sollen, dass sie beschuldigte Person ist oder ob sich das erst später im Verfahren herausstellt (Ruckstuhl, Art. 158 StPO N. 4 ). Mit anderen Worten ist hier irrelevant, ob die Rolle als Zeuge oder Zeugin im Zeitpunkt der Befragung (noch) korrekt oder aber von Beginn an fehlerhaft war, da so oder anders nicht alle Verfahrensrechte berücksichtigt wurden, die für die neue Rolle als beschuldigte Person relevant sind (Ruckstuhl, Art. 158 StPO N. 4; vgl. auch BGE vom 20. Juni 2018, 6B_9/2018, Erw. 1.3 ).
Wurde eine Person ursprünglich zu Recht als Zeuge oder Zeugin einvernommen und ergibt sich erst aufgrund eines später eingetretenen Umstands, dass sie als Auskunftsperson hätte befragt werden sollen, bleibt ihre Aussage verwertbar (Donatsch, Art. 178 StPO N. 23 ). Anders ist es hingegen, wenn bereits im Zeitpunkt der Einvernahme die Befragung als Zeuge oder Zeugin falsch war und sie richtigerweise als Auskunftsperson zu befragen gewesen wäre. In diesem Fall ist die Aussage nach Art. 141 Abs. 2 StPO unverwertbar (Donatsch, Art. 178 StPO N. 16 ). Dies deshalb, weil es gegen Art. 180 Abs. 1 StPO verstösst, eine Person unter Aussagezwang und Wahrheitspflicht zu befragen, die das Recht hat, die Aussage zu verweigern und sich nicht selbst zu belasten (Vgl. Ruckstuhl, Art. 158 StPO N. 4 allerdings zum Rollenwechsel bei einer beschuldigten Person. ).
bb) Wurde eine Person (korrekt) als Auskunftsperson befragt, und stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass diese Person als Zeuge oder Zeugin einzuvernehmen gewesen wäre, bleibt die Einvernahme verwertbar (Donatsch, Art. 178 StPO N. 15; Kerner, Basler Kommentar, 2.A., Art. 178 StPO N. 15 ). Unverwertbar ist die Aussage hingegen, wenn die Befragung als Auskunftsperson statt als Zeuge oder Zeugin bereits im Zeitpunkt der Einvernahme falsch war (Vgl. Donatsch, Art. 179 StPO N. 13; Hasler, Rollenwechsel im Strafverfahren, Zürich 2019, S. 324 ff. und 336 ). Solche Einvernahmen sind mangels Hinweis auf die Zeugnis- und Wahrheitspflichten absolut unverwertbar (Art. 177 Abs. 1 i.V.m. Art. 141 Abs. 1 StPO; anderer Ansicht: Donatsch, Art. 178 StPO N. 14 ).
cc) Das Bundesgericht hat die Frage, ob die von der beschuldigten Person in der Befragung als Auskunftsperson gemachten Angaben im gegen sie als beschuldigte Person geführten Verfahren verwertet werden können, bisher offen gelassen (BGE vom 24. August 2018, 6B_208/2015, Erw. 1.4; BGE vom 23. Mai 2016, 1B_48/2016, Erw. 2.5.2; vgl. auch BGE 141 IV 28 ). In der Lehre ist die Frage umstritten. Der überwiegende Teil der Lehre stellt sich auf den Standpunkt, dass die Aussagen einer im Zeitpunkt der Befragung verfahrensfehlerhaft als Auskunftsperson einvernommenen Person (da bereits ein konkreter Tatverdacht vorlag) nach Art. 158 Abs. 2 StPO absolut unverwertbar sind (Ebneter/Heimgartner, Von der Auskunftsperson zur beschuldigten Person - Verwertbarkeit vormaliger Aussagen?, in: AJP 2018 S. 269, wobei sie sich jedoch für eine relative Unverwertbarkeit aussprechen; Godenzi, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung (Hrsg.: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers), 3.A., Art. 158 N. 42; Riklin, Art. 158 StPO N. 6; Ruckstuhl, Art. 158 StPO N. 4; vgl. auch BGE vom 20. Juni 2018, 6B_9/2018, Erw. 1.3, allerdings betreffend eine Zeugeneinvernahme. ).
c) Nach herrschender Lehre sind Aussagen, die eine beschuldigte Person in der Rolle als Zeuge machte, demnach absolut unverwertbar nach Art. 158 Abs. 2 i.V.m. Art. 141 StPO. Gleiches gilt für im Zeitpunkt der Befragung fälschlicherweise als Auskunftsperson einvernommene beschuldigte Personen (unechter Rollenwechsel). Unverwertbar sind die Einvernahmen als Auskunftsperson auch dann, wenn sich erst im Nachhinein herausstellt, dass sie als beschuldigte Person zu befragen gewesen wäre und ihr nicht mindestens ein Vorhalt nach Art. 158 StPO gemacht wurde. Ebenfalls unverwertbar sind sodann Einvernahmen von Personen, die im Zeitpunkt der Befragung fälschlicherweise als Auskunftspersonen statt als Zeuge beziehungsweise Zeugin befragt wurden und umgekehrt. Das Verwertungsverbot wirkt in allen Fällen auch gegenüber Dritten, namentlich Mitbeschuldigten.
Verwertbar sind hingegen Einvernahmen, soweit sich bei einer als Zeuge oder Zeugin einvernommenen Person erst im Nachhinein erweist, dass sie als Auskunftsperson zu befragen gewesen wäre und umgekehrt.
bb) Als Grundsatz kann demnach festgehalten werden: Einvernahmen, in denen ein Beschuldigter in einer anderen Parteirolle als derjenigen der beschuldigten Person befragt wurde, obwohl ihm im Zeitpunkt der Einvernahme deren Gegenstand im Rahmen des gemeinsamen (oder korrekterweise gemeinsam zu führenden) Strafverfahrens selber zur Last gelegt wurde oder mindestens bereits ein hinreichender Tatverdacht gegen ihn bestand, sind grundsätzlich gegenüber allen beschuldigten Personen unverwertbar. Richtig war beziehungsweise ist die Befragung als Auskunftsperson - und nicht als beschuldigte Person - im Rahmen des gemeinsamen Verfahrens nur, soweit der Befragungsgegenstand der befragten Person nicht zur Last gelegt wird.
Décision SBR.2019.43 du Tribunal cantonal thurgovien du 10.2.2022
Droit de la profession d’avocat
Un blâme pour la transmission tardive du dossier
Si un client demande à son avocat de lui remettre son dossier, celui-ci doit le remettre dans les dix jours. Faute de quoi il s’expose à un blâme de la part de la commission de surveillance.
État de fait
Une cliente bernoise a changé de représentant l’été dernier dans le cadre d’une procédure de divorce. Par courrier, son nouvel avocat résilie le mandat et exige la transmission de son dossier. L’avocate n’a remis le dossier que plus d’un mois plus tard. L’affaire atterrit devant l’autorité bernoise de surveillance des avocats.
Extrait des considérants
2. Gemäss der Generalklausel von Art. 12 lit. a BGFA haben Anwältinnen und Anwälte ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft auszuüben.
3. Der Anspruch auf Herausgabe der Akten ist grundsätzlich zivilrechtlicher Natur. Es ist jedoch anerkannt, dass die Herausgabepflicht und deren Erfüllung auch zu den Berufspflichten der Anwältin bzw. des Anwalts zählen. Herauszugeben sind alle Akten, die die Anwältin bzw. der Anwalt von der Klientin bzw. vom Klienten erhalten hat (Originalakten) sowie alle Schriftstücke, welche die Anwältin bzw. der Anwalt von Dritten erhalten hat und welche an die Klientin bzw. den Klienten gelangt wären, hätte dieser den Fall selber geführt. Nicht herauszugeben haben Anwältinnen und Anwälte die Handakten (Briefe des Klienten an den Anwalt, Kopien der vom Anwalt verfassten Eingaben und Rechtsschriften, persönliche Notizen des Anwalts); der Klientin bzw. dem Klienten ist aber Einblick in die Handakten zu gewähren, wenn dies zur Wahrung der Interessen des Klienten erforderlich ist (Fellmann, a.a.O., Art. N 33 ff.).
4. Die Herausgabe hat innert einer angemessenen Frist zu erfolgen, wobei eine Frist von 10 Tagen i.d.R. genügen dürfte (Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 33 ff.).
5. Unbestritten ist, dass die Anzeigerin sowie auch ihr neu mit der Sache mandatierter Rechtsanwalt die Übersendung des Dossiers an ihn erstmals mit Schreiben vom 24. Juni 2022 verlangte. Unbestritten ist weiter, dass die Disziplinarbeklagte das Dossier Rechtsanwalt B. am 2. August 2022 und damit 35 Tage nach der ersten Aufforderung zustellte.
8. Trotz erneuter Aufforderung durch Rechtsanwalt B. vom 1. Juli 2022, ihm umgehend die Belege inkl. den Entwurf der Scheidungsvereinbarung zuzustellen, blieb die Disziplinarbeklagte bis zur Anzeige untätig. Es wäre der Disziplinarbeklagten ohne weiteres zumutbar gewesen, die Anzeigerin bzw. deren Vertreter vor dem 22. Juli 2022 über den Inhalt des Dossiers zu informieren und die Unterlagen zuzustellen. Die tatsächliche Zustellung der Akten erfolgte erst am 2. August 2022, somit mehr als einen Monat nach dem Herausgabebegehren bzw. ihrer Ankündigung vom 27. Juni 2022, der Herausgabe nachzukommen.
10. Auch die Ferienabwesenheit der Disziplinarbeklagten vermag ihre Untätigkeit nicht zu rechtfertigen. Eine Anwältin muss ihre Kanzlei so organisieren, dass sie die Klientin einerseits in zumutbarer Zeit erreichen kann und sie andererseits schnellen Zugriff auf alle Informationen hat, die die Klientin betreffen (Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 30a).
11. Das Begehren um Aktenherausgabe ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Herausgabeanspruch besteht unbesehen der Frage, ob sich der neue Rechtsvertreter die Akten auch bei seiner Klientin oder bei Dritten hätte beschaffen können.
12. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Disziplinarbeklagte durch ihr Handeln Art. 12 lit. a BGFA verletzt hat.
16. Es handelt sich um einen leichten Verstoss. Die Unterlagen wurden herausgegeben, jedoch verspätet. Das Verschulden ist bei dieser Ausgangslage als leicht zu qualifizieren. Eine Verwarnung als mildeste Sanktion im Sinne eines mahnenden Winks, mit welchem die Disziplinarbeklagte veranlasst werden soll, sich inskünftig untadelig zu verhalten und Verfehlungen, wie sie im vorliegenden Verfahren zur Diskussion stehen, zu unterlassen, erscheint daher angemessen
17. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Disziplinarbeklagten aufzuerlegen (Art. 35 Abs. 1 KAG).
Décision AA 22 153 de l’Autorité de surveillance des avocats du canton de Berne du 9.2.2023.
Droit administratif
Faire preuve d’esprit critique face aux autorités n’est pas une maladie
Ordonner une expertise psychiatrique en l’absence de tout signe de maladie n’est pas admissible.
État de fait
Le Département de la santé et des affaires sociales du canton d’Argovie mène une procédure de surveillance contre un médecin. Il reproche à ce dernier d’avoir délivré avec complaisance des dispenses de masques et des certificats d’immunité pendant la pandémie de coronavirus. Le département a ordonné une expertise psychiatrique du médecin afin de déterminer s’il remplissait les conditions d’exercice de sa profession. Le tribunal administratif a interdit au département d'exécuter cette expertise.
Extrait des considérants
I.1. Das DGS leitet und überwacht das öffentliche Gesundheitswesen. Es vollzieht die eidgenössischen und kantonalen Erlasse sowie die interkantonalen Verträge und trifft die hierzu notwendigen Anordnungen (§ 2 Abs. 2 des Gesundheitsgesetzes vom 20. Januar 2009 [GesG; SAR 301.100]). Es führt ein Aufsichtsverfahren gegen den Beschwerdeführer, das die Bewilligung zur selbständigen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit und allfällige Disziplinarmassnahmen zum Gegenstand hat.
II.2.2. Das DGS wirft dem Beschwerdeführer fehlende Mitwirkung im Aufsichtsverfahren vor. Dieser habe zu den ausgestellten Maskentrag- und Impfdispensen jeweils nicht fachlich Stellung genommen und eine Verweigerungshaltung gezeigt. Dem DGS sei nichts Anderes übriggeblieben, als eine Begutachtung anzuordnen. Diese sei im überwiegenden öffentlichen Interesse und stelle in Anbetracht der Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers das einzige und mildeste Mittel zur vollständigen und objektiven Sachverhaltsabklärung dar. Der Eingriff sei verhältnismässig.
2.3. Gemäss § 4 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 GesG benötigt eine Berufsausübungsbewilligung der zuständigen Behörde, wer fachlich selbständig einen Beruf im Gesundheitswesen ausübt, der unter das MedBG fällt. Die Bewilligung wird erteilt, wenn die gesuchstellende Person unter anderem vertrauenswürdig ist sowie physisch und psychisch Gewähr für eine einwandfreie Berufsausübung bietet (§ 5 Abs. 1 lit. b GesG). Die psychische Gewähr bedeutet, dass die Medizinalperson über keine schwerwiegenden psychischen Beschwerden verfügen darf, welche sie in ihrer Berufsausübung einschränken könnten.
2.4. Verletzt eine Person, die in einem Beruf des Gesundheitswesens tätig ist, die Vorschriften des dritten Titels des GesG oder hierzu ergangene Ausführungsbestimmungen, kann die zuständige Behörde folgende Disziplinarmassnahmen anordnen: a) Verwarnung, b) Verweis, c) Busse bis zu Fr. 20‘000.00, d) befristetes oder unbefristetes Berufsverbot für das ganze oder einen Teil des Tätigkeitsspektrums (§ 24 GesG i.V.m. Art. 43 MedBG).
2.5.1. Die Behörde kann sich jener Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemässem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 24 Abs. 1 VRPG). Sie kann insbesondere Expertisen anordnen (lit. d). In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass Sachverständigen einzig Sachfragen – und keine Rechtsfragen – unterbreitet werde dürfen. Die Beantwortung von Rechtsfragen sowie die rechtliche Würdigung eines Gutachtens obliegen zwingend der entscheidenden Behörde.
2.5.2. Das DGS, Abteilung Gesundheit, beauftragt Dr. med. C., Praxis für forensische Psychiatrie, mit der Begutachtung des Beschwerdeführers. Gegenstand des Gutachtens ist gemäss Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung, ob der Beschwerdeführer „die Bewilligungsvoraussetzungen zur Medizinalberufsausübung als fachlich selbständiger Arzt und die entsprechen-den Berufspflichten erfüllt“.
Tatsächlich hat einzig das DGS, Abteilung Gesundheit, darüber zu befinden, ob der Beschwerdeführer die Bewilligungsvoraussetzungen (noch) erfüllt und ob er die Berufspflichten einhält. Zu prüfen ist im Folgenden, ob ein psychiatrisches Gutachten sachdienliche Grundlagen für diesen Entscheid liefern kann.
2.6. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie tat der Beschwerdeführer seine massnahmenkritische Haltung sowohl öffentlich als auch gegenüber den (Gesundheits-)Behörden in auffälliger Weise kund. Die betreffenden Äusserungen sind grundsätzlich geeignet, seine Vertrauenswürdigkeit in Frage zu stellen. Im Hinblick auf die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit hat die Abteilung Gesundheit grundsätzlich nicht auf ein psychiatrisches Gutachten abzustellen. Vielmehr obliegt es ihr selbst, das Verhalten des Beschwerdeführers im Allgemeinen und gegenüber Patientinnen und Patienten im Besonderen zu würdigen und im Rahmen der Rechtsanwendung zu prüfen, ob die Bewilligungsvoraussetzung vorliegt.
Analog verhält es sich bezüglich des Vorwurfs, der Beschwerdeführer habe gefälligkeitshalber Maskentragdispense und Impfunverträglichkeitsbescheinigungen ausgestellt.
Es besteht aber kein sachlicher Grund, die Untersuchung der Vorwürfe an einen psychiatrischen Experten zu delegieren. Eine psychiatrische Begutachtung wäre beim Beschwerdeführer angezeigt, wenn ernsthafte Zweifel bestünden, dass seine psychische Verfassung die Eignung zur Berufsausübung in Frage stellt. Dafür sind die teilweise unangebrachten Äusserungen während der Corona-Pandemie, womit der Beschwerdeführer in erster Linie eine Protesthaltung zum Ausdruck brachte, nicht ausreichend. Abgesehen von seinem massnahmenkritischen Vorgehen zeigte der Beschwerdeführer aktenkundig keine massgeblichen Verhaltensauffälligkeiten. Seine fehlende Bereitschaft, Fragen zu ausgestellten Maskentragdispensen bzw. Impfunverträglichkeitsbescheinigungen zu beantworten, wie auch die laienhafte Klageeingabe vom 19. August 2021 lassen sich als Abwehrhaltung gegenüber befürchteten Aufsichtsmassnahmen erklären und bilden keine Indizien für eine geistige Anomalie.
3. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als begründet und ist gutzuheissen. Die angefochtene Verfügung ist insgesamt aufzuheben. Die Abteilung Gesundheit wird das Aufsichtsverfahren fortzusetzen und die erforderlichen Abklärungen vorzunehmen haben. Im Rahmen seiner Aufsichtsbefugnisse kann das DGS insbesondere allfällige Patientendossiers oder Aufzeichnungen einsehen, die Aufschluss über ausgestellte Maskentragdispense und Impfunverträglichkeitsbescheinigungen geben können. Zudem wird es angezeigt sein, die Akten des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer beizuziehen.
Arrêt WBE.2022.374 du Tribunal administratif cantonal d’Argovie du 24.5.2023