Assurances sociales
Pas d’entretien de prévoyance dans la procédure des mesures
Le moment à prendre en compte pour le partage des avoirs de prévoyance est l’introduction de la procédure de divorce. Cependant il n’est pas possible d’accorder l’entretien au titre de la prévoyance dans le cadre de la procédure en matière de mesures.
Etat de fait
La requérante demande un entretien au titre de la prévoyance à partir du 2 janvier 2016, date de l’introduction de la procédure de divorce. Car dans le nouveau droit du partage de la prévoyance professionnelle, c’est ce moment qui fait foi pour le partage des avoirs de prévoyance, et non par la date du jugement de divorce.
Extrait des considérants
Für Eheschutz- bzw. vorsorgliche Massnahmeverfahren besteht keine gesetzliche Grundlage analog Art. 125 Abs. 2 Ziff. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB; SR 210), welche Raum für Vorsorgeunterhalt vor der Scheidung bietet. Anlässlich der Änderung der Bestimmungen betreffend Vorsorgeausgleich bei Scheidung vom 19. Juni 2015 verzichtete der Gesetzgeber auf eine Revision des (Vorsorge-)Unterhaltsrechts. Es ist davon auszugehen, dass beim Gesetzgeber das Bewusstsein über die von der Gesuchstellerin erwähnte mögliche Beitragslücke vorhanden war. Dies ergibt sich aus den Materialien zum neuen Vorsorgeausgleich. Der Bundesrat führte in seiner Botschaft zur Gesetzesrevision zu Art. 122 ZGB aus, nach dem geltenden Recht müssten die Austrittsleistungen der Ehegatten auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils berechnet werden. Dies habe zwar den Vorteil, dass der Vorsorgeausgleich auf den während der gesamten Ehedauer erworbenen Austrittsleistungen erfolge. Nachteilig an der Regelung sei aber, dass sie zum Taktieren verleite und für den berechtigten Ehegatten einen Anreiz schaffe, das Verfahren möglichst in die Länge zu ziehen. Zudem könnten weder die Parteien noch das Gericht zuverlässig bestimmen, wann das Scheidungsurteil rechtskräftig werde, sodass mehrfach aktualisierte Bestätigungen der beteiligten Vorsorgeeinrichtungen über die Höhe der massgeblichen Austrittsleistungen beigebracht werden müssten. Dass eine solche Lösung nicht befriedige, sei offensichtlich. Überzeugen könne daher nur eine Lösung, die einen Zeitpunkt in der Vergangenheit für ausschlaggebend erkläre. Es liege nahe, dafür auf den gleichen Zeitpunkt wie im Güterrecht abzustellen, d.h. auf den Zeitpunkt, in dem das Scheidungsverfahren eingeleitet werde (Art. 204 Abs. 2 ZGB). Demnach sehe der Entwurf vor, dass jene Ansprüche ausgeglichen würden, die vom Zeitpunkt der Eheschliessung bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens erworben worden seien. Dass damit die während des Scheidungsverfahrens geäufnete Austrittsleistung nicht hälftig geteilt werde, sei im Interesse einer einfachen Lösung in Kauf zu nehmen (Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Vorsorgeausgleich bei Scheidung] vom 29.5.2013, in: BBl 2013 4905 f.). Anlässlich der Beratung der Vorlage im Parlament folgte der Ständerat dem bundesrätlichen Entwurf einstimmig (Amtl.Bull. SR 2014 S. 522 f.). Die vorberatende nationalrätliche Kommission unterbreitete dem Nationalrat zunächst den Mehrheitsantrag, an der bisherigen Lösung der Teilung per Scheidungsdatum festzuhalten, während eine Kommissionsminderheit für die Vorlage gemäss Botschaft votierte. Aus den Wortmeldungen in der nationalrätlichen Debatte geht hervor, dass die aufgeworfenen Fragen über Schwierigkeiten der bisherigen Regelung in der Praxis (bezüglich präziser Berechnungen) sowie über das Taktieren unterschiedlich beurteilt wurden (Amtl.Bull. NR 2015 S. 758 ff.). In zwei Voten zugunsten einer Beibehaltung des bisherigen Rechts wurde zudem die allfällige Vorsorgelücke, welche durch die Vorverschiebung des Stichtags entstehen könnte, ausdrücklich angesprochen (NR Vischer und NR Kiener Nellen). Bei einer Beibehaltung des bisherigen Rechts, so der erstgenannte Redner, bliebe die Koordination mit der Frage des nachehelichen Unterhaltsrechts, welches erst ab Rechtskraft der Scheidung gelte, gewährleistet. Bis zu diesem Zeitpunkt würden vorsorgliche Massnahmen gelten, welche indessen auf unterschiedlichen Anspruchsberechnungen basierten. Deshalb sei es wichtig, dass der Zeitpunkt der BVG-Teilung auch koordiniert sei mit dem Zeitpunkt, zu dem man wisse, wie hoch der nacheheliche Unterhalt allfällig sei, und dass man darauf dann Bezug nehmen könne (Amtl.Bull. NR 2015 S. 764 f.). Und sinngemäss wandte Nationalrätin Kiener Nellen ein: «Selon le Code Civil suisse, notamment à l›article 125, l›époux ou l›èpouse économiquement plus faible a droit à une contribution d›entretien qui doit lui permettre d›assurer sa prévoyance viellesse. Alors si vous limitez le partage du deuxième pilier au moment de l›introduction de la demande de divorce, vous empêchez l›autre conjoint, l›autre conjointe de s›assurer une prévoyance professionelle qui est, dans la plupart des couples […] le bien fiancier le plus important d›un couple.» (Amtl.Bull. NR S. 765). Trotz den geäusserten Bedenken folgte die Mehrheit im Nationalrat dem Minderheitsantrag der Kommission und damit dem bundesrätlichen Vorschlag, wie er schliesslich Eingang ins Gesetz fand. Im Unterhaltsrecht nahm der Gesetzgeber keine Anpassungen vor, so dass die bisherigen familienrechtlichen Pflichten der Ehegatten unverändert weitergelten. Gemäss Art. 163 ZGB beruht der eheliche Unterhalt auf der gegenseitigen ehelichen Beistands- bzw. Familienunterhaltspflicht und der zwischen den Ehegatten vereinbarten Aufgabenteilung. Eingeschlossen ist dabei auch die Pflicht des erwerbstätigen Ehegatten, für eine adäquate Altersvorsorge besorgt zu sein (BGE 134 III 577 E. 3). Allerdings ist die Beistandspflicht mit Blick auf das Pensionsalter der Ehegatten als allgemeine familienrechtliche Verpflichtung zu verstehen, entsprechende Rückstellungen durch regelmässige Beiträge an eine geeignete Einrichtung der obligatorischen oder freiwilligen Altersvorsorge im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Familie zu tätigen, ohne dass dabei auch ein persönlicher Anspruch auf Vorsorgeunterhalt des anderen Ehegatten statuiert wird. Die Vorverschiebung des Stichtags für die Aufteilung der Austrittsleistungen gemäss dem revidierten Art. 122 ZGB hat zur Folge, dass die eheliche Versorgungsgemeinschaft nach dem Willen des Gesetzgebers hinsichtlich der beruflichen Altersvorsorge bereits bei Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens aufgehoben wird, dies unter bewusster Inkaufnahme einer allfälligen Vorsorgelücke. Zudem bestehen nach der gesetzlichen Konzeption des Unterhaltsrechts zwischen dem ehelichen Trennungsunterhalt (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB) und dem nachehelichen Ehegattenunterhalt (Art. 125 ZGB) Unterschiede, welche unabhängig vom neuen Vorsorgeausgleich weiterbestehen. Während es bei ersterem ausschliesslich um die Alimentierung für die laufenden monatlich wiederkehrenden Verpflichtungen des persönlichen Grundbedarfs geht, dient der Unterhaltsanspruch für die Zeit nach der Ehescheidung nicht nur der Deckung des laufenden (gebührenden) Unterhalts, sondern hat auch Sparcharakter, indem unter den gegebenen Voraussetzungen nach Art. 125 ZGB ein Sparbeitrag für den Aufbau einer angemessenen beruflichen Altersvorsorge zugesprochen werden kann (vgl. zum Ganzen: Entscheid des Kantonsgericht Basel-Landschaft 400 17 270 vom 7.11.2017 E. 9.1).
Aus all diesen Gründen sieht das Kantonsgericht keinen Raum für das Zusprechen eines Vorsorgeunterhalts im Rahmen des Massnahmeverfahrens.
5.2.4.2. Als Gründe für die Vorverlegung des massgeblichen Teilungszeitpunktes nach Art. 122 ZGB werden in der Botschaft die Eindämmung von Taktierungsmöglichkeiten zur Verschleppung des Verfahrens und die praktische Vereinfachung bei der Ermittlung der Austrittsleistungen hinsichtlich des massgeblichen Stichtages genannt. Die hier beantragte Zusprechung eines vorsorglichen Vorsorgeunterhalts würde diese gesetzgeberischen Absichten wieder unterwandern. Das Erkenntnisverfahren für einen Antrag auf Vorsorgeunterhalt während der Dauer des Scheidungsverfahrens würde den Hauptprozess verlängern und dadurch auch eine allfällige Vorsorgelücke vergrössern. Die Berechnung der Unterhaltshöhe würde zudem zu einer Komplizierung des Massnahmeverfahrens führen. Hinzu kommt, dass einer Einbusse bei der Äufnung der Altersvorsorge im Hauptentscheid bei erfüllten Voraussetzungen nach Art. 124b ZGB durch eine überhälftige Teilung der Austrittsleistung Rechnung getragen werden könnte, was insbesondere bei überdurchschnittlich langen Scheidungsprozessen angezeigt sein könnte (Entscheid des Kantonsgericht Basel-Landschaft 400 17 270 vom 7.11.2017 E. 9.2).
Arrêt 3B 17 30 du Tribunal cantonal de Lucerne du 23.5.2018
Procédure pénale
Pas de menace de sanction en cas d’ordonnance pénale vers l’étranger
La notification à l’étranger ne doit pas s’accompagner d’une menace de sanction. Cela porterait atteinte à la souveraineté de l’Etat étranger. Et cela entraverait l’accès au jugement de l’affaire pénale, étant donné la distance géographique.
Etat de fait
Alors qu’il était domicilié en Allemagne, le requérant s’est vu notifier une ordonnance pénale en provenance du canton de Saint-Gall. Il y a fait opposition. De ce fait, il a été convoqué à une audition en Suisse, à laquelle il ne s’est pas rendu. Le Ministère public a par conséquent considéré que la procédure d’opposition était close. Le requérant s’est vu opposer la décision de classement, avec référence à la jurisprudence du Tribunal fédéral.
Extrait des considérants
2. Ein Strafbefehl stellt einen Vorschlag zur aussergerichtlichen Erledigung eines Straffalles bzw. ein Angebot zur summarischen Verfahrenserledigung dar. Er entfaltet erst rechtliche Wirkung und wird zum Urteil, wenn dagegen keine gültige Einsprache erhoben wird (vgl. Art. 354 Abs. 3 StPO). Das verurteilende Erkenntnis der Staatsanwaltschaft steht unter dem Vorbehalt, dass sich die beschuldigte Person dem Urteilsspruch unterzieht. Will sie dies nicht, kann sie mit einfacher Erklärung die Durchführung des ordentlichen Verfahrens verlangen. Die Rechtsstaatlichkeit des Strafbefehlsverfahrens lässt sich nur damit begründen, dass auf Einsprache hin ein Gericht mit voller Kognition und unter Beachtung der für das Strafverfahren geltenden Mindestrechte über den erhobenen Vorwurf entscheidet. Andernfalls wären die verfassungsrechtlich verankerte Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) und der in der europäischen Menschrechtskonvention enthaltene Anspruch auf Zugang zu einem Gericht mit voller Überprüfungskompetenz (Art. 6 Ziff. 1 EMRK) verletzt (BGE 140 IV 82, E. 2.3; BGer 6B_152/2013, E. 3.1 m.w.H.).
2.1 Die Einsprache erhebende Person trifft im Einspracheverfahren von Gesetzes wegen eine Mitwirkungspflicht. Bleibt sie trotz Vorladung einer Einvernahme oder im gerichtlichen Verfahren der Hauptverhandlung unentschuldigt fern, gilt ihre Einsprache als zurückgezogen (Art. 355 Abs. 2 und Art. 356 Abs. 4 StPO). Diese strafprozessuale Rückzugsfiktion steht damit in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den vorgenannten verfassungs- und konventionsrechtlichen Garantien.
2.2 Bundesgesetze und Völkerrecht sind für die rechtsanwendenden Behörden aber massgebend (Art. 190 BV). Die in einem Bundesgesetz und damit auch die in der Strafprozessordnung enthaltenen Bestimmungen sind anzuwenden, selbst wenn sie gegen die Verfassung verstossen sollten. Sie sind indessen verfassungskonform auszulegen, soweit ein Auslegungsspielraum besteht. Werden die Bestimmungen der Strafprozessordnung verfassungskonform ausgelegt, darf ein konkludenter Rückzug der Einsprache gegen den Strafbefehl nur angenommen werden, wenn sich aus dem gesamten Verhalten der betroffenen Person der Schluss aufdrängt, sie verzichte mit ihrem Desinteresse am weiteren Gang des Verfahrens bewusst auf den ihr zustehenden Rechtsschutz. Der vom Gesetz an das unentschuldigte Fernbleiben geknüpfte (fingierte) Rückzug der Einsprache setzt deshalb voraus, dass sich die beschuldigte Person der Konsequenzen ihrer Unterlassung bewusst ist und sie in Kenntnis der massgebenden Rechtslage auf die ihr zustehenden Rechte verzichtet. Zu verlangen ist, dass die betroffene Person hinreichend über die Folgen des unentschuldigten Fernbleibens in einer ihr verständlichen Weise belehrt wird. Schliesslich kann die gesetzliche Rückzugsfiktion nur zum Tragen kommen, wenn aus dem unentschuldigten Fernbleiben nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auf ein Desinteresse am weiteren Gang des Strafverfahrens geschlossen werden kann (BGE 140 IV 82, E. 2.3 – 2.6; BGer 6B_152/2013, E. 4.1 und 4.5, je m.w.H.; ferner BGer 6B_372/2013, E. 2.2). Ein unentschuldigtes Fernbleiben von der staatsanwaltlichen Einvernahme genügt für sich allein dementsprechend nicht, um die gesetzliche Rückzugsfiktion von Art. 355 Abs. 2 StPO eintreten zu lassen.
2.3 Ein sich im Ausland aufhaltender Beschuldigter ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht verpflichtet, eine Vorladung in die Schweiz zu befolgen. Leistet er der Vorladung keine Folge, darf er keinerlei rechtliche oder tatsächliche Nachteile erleiden und es darf damit kein Zwang ausgeübt werden. Die schweizerische Staatsgewalt beschränkt sich auf das hiesige Staatsgebiet. So dürfen die schweizerischen Strafbehörden unter den gesetzlichen Voraussetzungen Zwang auf den sich hier befindenden Beschuldigten ausüben, hingegen nicht auf den sich im Ausland befindenden, ansonsten sie die Souveränität des ausländischen Staates verletzen. Wollen sie auf den sich im Ausland aufhaltenden Beschuldigten zugreifen, dürfen sie das nur unter Mitwirkung und Zustimmung des ausländischen Staates tun und müssen diesbezüglich um Rechtshilfe ersuchen. Vorladungen dürfen die schweizerischen Behörden dem sich im Ausland aufhaltenden Beschuldigten zwar zukommen lassen, doch dürfen sie damit nicht Zwangsandrohungen verbinden. In der Sache stellen die Vorladungen Einladungen dar, denen der Beschuldigte folgen kann oder – ohne Nachteil – auch nicht. Zwang androhen dürfen die schweizerischen Behörden dem dann Beschuldigten, wenn er sich freiwillig in die Schweiz begibt und ihm die Vorladung hier zugestellt werden kann (BGE 140 IV 86, E. 2.3 ff. m.w.H.; ferner BGer 6B_404/2014, E. 1.3; BGer 6B_615/2017, E. 1.2).
3. Im vorliegenden Fall wurde die Vorladung an den Beschwerdeführer zulässigerweise auf dem Postweg nach Deutschland versandt, wo sie ihn auch erreichte. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts darf sie indessen nicht mit Zwangsandrohungen verknüpft werden. Die Androhung von Säumnisfolgen bei Nichterscheinen zur Einvernahme erweist sich vor diesem Hintergrund als unzulässig. Die Vor¬instanz macht indessen geltend, diese Rechtsprechung sei nicht sachgerecht und in der Lehre auf grosse Kritik gestossen. Das Kantonsgericht Graubünden habe entsprechend in einem Beschluss vom 24. Juli 2017 (SK 2 16 24) auch gegenteilig entschieden. Es bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass die in Frage stehende Rechtsprechung z.B. vom Kantonsgericht Luzern in einem Entscheid vom 18. Oktober 2017 ausdrücklich übernommen wurde (CAN 2018 Nr. 36, S. 109 ff.). Das Kantonsgericht Luzern stellt sich dabei auf den Standpunkt, ein Strafverfahren lasse sich auch bei Nichtanwendung der Rückzugsfiktion von Art. 355 Abs. 2 StPO durchführen, und zwar mittels Überweisung an das Gericht, wo bei Nichterscheinen des Beschuldigten entweder ein Abwesenheitsverfahren durchgeführt oder jener allenfalls von der Teilnahme an der Hauptverhandlung dispensiert werden könne. Schliesslich hat das Bundesgericht selber – auch jüngst - seine diesbezügliche Rechtsprechung bestätigt (vgl. z.B. BGer 6B_404/2014, E. 1.3; BGer 6B_615/2017, E. 1.2), welche im Übrigen auch von der Anklagekammer (in einem allerdings nicht publizierten Entscheid) übernommen wurde (AK.2015.296-AK [ST.2015.27497]).
4. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist vor diesem Hintergrund beachtlich und zu beachten. Sie vermag auch inhaltlich zu überzeugen, verhindert sie doch einerseits einen möglichen Eingriff in die Souveränität des ausländischen Staates und verstellt sie andererseits einem möglicherweise in erheblicher geographischer Distanz lebenden Beschuldigten nicht den Weg zu einer gerichtlichen Beurteilung seiner Sache. Das Strafbefehlsverfahren, das im Interesse sowohl des Staates als auch des Beschuldigten unter verfahrensmässigen Kompromissen auf Raschheit und Einfachheit angelegt ist, erfordert bei einem Dissens über die staatsanwaltlich vorgesehene Erledigung einen niederschwelligen Zugang zu einer ordentlichen gerichtlichen Beurteilung. Vorliegend erweist sich daher der auf die vorliegend nicht anwendbare Rückzugsfiktion von Art. 355 Abs. 2 StPO gestützte Schluss der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe mit der von ihm versäumten Einvernahme sein Desinteresse am Fortgang des Einspracheverfahrens zum Ausdruck gebracht, als verfrüht. Ein solches Desinteresse ist auch seinen bisherigen Einlassungen im Straf- und Beschwerdeverfahren nicht zu entnehmen. Seine Beschwerde ist daher zu schützen, die angefochtene Verfügung aufzuheben und entsprechend das Strafverfahren fortzusetzen.
Arrêt AK.2018.151 de la Chambre d’accusation de Saint-Gall du 9.8.2018
Une indemnité élevée pour détention injustifiée
A la fin de la durée ordinaire de sa peine, un homme a été placé pendant 204 jours en détention pour des motifs de sûreté, dans l’attente d’une décision concernant son internement. Il a obtenu une indemnité de 51 000 fr.
Etat de fait
Un homme a été condamné à une peine privative de liberté d’une durée de 12 ans. Elle aurait dû prendre fin le 17 décembre 2017. Mais quatre jours avant, le Ministère public a déposé une requête d’internement ultérieur. Il a demandé en plus une détention pour des motifs de sûreté jusqu’à ce qu’une décision soit entrée en force. L’homme est resté pendant plus de huit mois en détention pour des motifs de sûreté. Il exige une indemnité de 300 fr. par jour de détention.
Extrait des considérants
1.4 Die Festlegung der Genugtuungssumme beruht auf richterlichem Ermessen, wobei bei der Ausübung dieses Ermessens den Besonderheiten des Einzelfalles entscheidendes Gewicht zukommt. Sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine höhere oder eine geringere Entschädigung rechtfertigen, erachtet das Bundesgericht bei kürzeren Freiheitsentzügen 200 Franken pro Tag als angemessene Genugtuung. Bei längerer Untersuchungshaft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Tagessatz in der Regel zu senken, da die erste Haftzeit besonders erschwerend ins Gewicht fällt (Urteil des Bundesgerichts 6B_111/2012 vom 15. Mai 2012 E. 4.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_196/2014 vom 5. Juni 2014 E. 1.2).
1.5 Während die amtliche Verteidigung die Angemessenheit der beantragten Genugtuungssumme von 300 Franken pro Hafttag mit einem äusserst stossenden Vorgehen der Strafbehörden, aufgrund dessen der Gesuchsgegner offenkundig zu Unrecht in Sicherheitshaft gewesen sei, begründet, macht die Staatsanwaltschaft geltend, dass es sich angesichts der 204 Tage um eine längere Haftdauer gehandelt habe und sich daher in Nachachtung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine Entschädigung von 100 Franken statt 200 Franken pro Tag rechtfertige. Weiter argumentiert die Staatsanwaltschaft, dass es sich beim Gesuchsgegner nicht um einen unbescholtenen Bürger handle, der infolge der Verhaftung völlig unverhofft aus einem intakten Umfeld herausgerissen werden sei.
Weiter habe ihn die Sicherheitshaft auch weder aus stabilen Arbeitsverhältnissen noch aus einem sozialen Netz gerissen. Schliesslich habe die Sicherheitshaft für ihn auch kein schockierendes neues Erlebnis dargestellt, zumal er wenige Wochen zuvor aus dem Strafvollzug einer langjährigen Freiheitsstrafe entlassen worden sei. Aus diesen Gründen würden in diesem konkreten Fall keine genugtuungserhöhenden Umstände vorliegen.
1.6 Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung einer nachträglichen Verwahrung nach Art. 65 Abs. 2 StGB datiert vom 13. Dezember 2017 und ging gleichentags hierorts ein. Die Staatsanwaltschaft stützte sich zur Begründung dieses Antrags im Wesentlichen auf die Erkenntnisse aus dem Gutachten von Dr. med. X vom 4. Mai 2015. Dieses lag dem Amt für Justizvollzug bereits seit jenem Datum vor. Dass sich dieses dennoch erst am 6. Dezember 2017 an die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich sich in der Folge erst am 13. Dezember 2017 und mithin nur wenige Tage vor dem ordentlichen Strafende am 17. Dezember 2017 an die erkennende Kammer wandte, führte dazu, dass sich die Frage der Anordnung von Sicherheitshaft über das Ende der Strafverbüssung hinaus überhaupt stellte.
(...)
1.7 Zusammengefasst war der Gesuchsgegner im Zeitpunkt seiner Inhaftierung am 1. Februar 2018 strafrechtlich nicht unbescholten; er hatte gerade eine zwölfjährige Freiheitsstrafe verbüsst. Durch die erneute Inhaftierung wurde er weder aus einem intakten sozialen Umfeld mit stabilem Arbeitsverhältnis herausgerissen noch erlitt er einen Reputationsschaden. Er kannte den Gefängnisalltag. Das alles spricht für eine Reduktion der Basisgenugtuung pro Hafttag von 200 Franken pro Hafttag, zumal er auch die mit der Eröffnung des neuen Verfahrens verbundene Ungewissheit über seine Zukunft mit anderen Häftlingen in Untersuchungs- und Sicherheitshaft teilte. Ferner rechtfertigt die lange Haftdauer gemäss ständiger Rechtsprechung zusätzlich die Anwendung eines degressiven Tagessatzes. Diesen reduzierenden Faktoren stehen jedoch Umstände gegenüber, die eine deutliche Erhöhung der Genugtuung rechtfertigen. Der Gesuchsgegner war einem aus-sergewöhnlichen und unnötigen Hin und Her ausgesetzt, das den Resozialisierungsprozess unterbrach und allein durch die späte Einleitung des Verfahrens betreffend nachträgliche Verwahrung und divergierende Gerichtsentscheide betreffend die Anordnung der Sicherheitshaft ausgelöst wurde. Dazu kommt, dass der Gesuchsgegner in Verkennung der inzwischen geklärten Rechtslage erneut inhaftiert wurde und sich seine Haftentlassung nach dem Entscheid der strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts auch noch unnötig verzögerte.
Vor diesem Hintergrund erweist es sich als angemessen, dem Antragsgegner trotz diverser Reduktionsgründe pro Hafttag eine Genugtuung von 250 Franken zuzusprechen. Ausgehend von 204 Tagen erstandener Sicherheitshaft ergibt dies eine Genugtuung in der Höhe von 51000 Franken.
Arrêt SF180005 du Tribunal cantonal de Zurich du 19.11.2018